The World We Knew

Das Album THE WORLD WE KNEW, aufgenommen im März 1967, bildet sozusagen den mittleren Teil einer Trilogie von LP-Produktionen – die beiden anderen sind STRANGERS IN THE NIGHT (1966) und MY WAY OF LIFE (1968) –, deren Titelnummern eines gemeinsam haben: Sie wurden von keinem Geringeren als Frank Sinatra gesungen.

Zwar konnte das melancholisch-schwerblütige The World We Knew (Over And Over) nicht an den legendären Erfolg von Strangers In The Night anknüpfen, schaffte in der Interpretation Sinatras aber doch den Sprung in die Top Ten der amerikanischen Easy-Listening-Charts und war in Argentinien sogar für mehrere Wochen die Nr. 1 der Hitparaden.

Aus dem Originalalbum stammen fünf weitere Kompositionen von Bert Kaempfert und Herbert Rehbein: Das sanft swingende I Can´t Help Remembering You, das weltweit auch in der Interpretation von Dean Martin große Erfolge feierte. Lonesome hat eine getragen-majestätische Melodie. Stay With The Happy People greift Einflüsse von Gospel bzw. Spiritual auf. Das einfache Riff-Thema von Vat 96 steigert sich mit harten Akzenten der Blechbläser und Dämpfer-Effekten der Trompeten. Und schließlich das flotte, von zwei Trompeten vorgetragene Thema von Talk, das in seiner Schlussphrase „stereophon” durch verschiedene Bläsersektionen wechselt.

Die übrigen Kompositionen setzen sich aus Erfolgsnummern unterschiedlicher Herkunft zusammen: Rain entstand bereits 1927 und ist u. a. durch Aufnahmen mit den Orchestern von Sam Lanin und Arnold Frank ins Standardrepertoire eingegangen. Lover stammt aus „Love Me Tonight”, einem phantasievollen Musical der frühen Tonfilmzeit, wo es von Jeanette MacDonald gesungen wurde; in den vierziger Jahren erlangte dieser Titel neue Beliebtheit durch eine Einspielung des Trickgitarristen Les Paul, und 1952 entwickelte er sich zu einem Millionen-Seller für Peggy Lee. Ursprünglich einer der beliebtesten Walzer des Broadway-Komponisten Richard Rodgers, erhält Lover in der schon beinahe aggressiv swingenden Version Bert Kaempferts einen völlig neuen Charakter.

Der unverwüstliche Country-&-Western-Standard You Are My Sunshine – er wurde von so unterschiedlichen Künstlern wie Tex Ritter, Bing Crosby, Gene Autry und Ray Charles gesungen – stammt aus der Feder von Jimmy Davis, der eigentlich Professor für Geschichte und Sozialwissenschaften war und sich der Musik nur nebenbei widmete. 1944 wurde er Gouverneur von Louisiana und setzte seinen 1940 geschriebenen Song – offensichtlich mit Erfolg – als Wahlkampflied ein.

Die beiden noch verbleibenden Kompositionen sind mit einem der berühmtesten Namen der Swing-Ära verbunden – Glenn Miller. Die Serenade In Blue, die in Bert Kaempferts Fassung dem Titel entsprechend eine „bluesige” Trompeteneinleitung hat, erlebte ihre Premiere 1942 in dem Film „Orchestra Wives”, wo sie von Millers Orchester und seinem Sänger Ray Eberle vorgestellt wurde. Mit der Moonlight Serenade hatte Glenn Miller schon 1939 ein Stück komponiert, das zur wohl populärsten Erkennungsmelodie eines Orchesters der Big-Band-Ära werden sollte. Von Miller während seiner Studien bei dem „Musikmathematiker” Joseph Schillinger „zur Übung” geschrieben, wurde diese Serenade einer seiner ersten Plattenhits und büßt auch in Bert Kaempferts klanglich völlig anderem Sound mit führendem Klavier nichts von ihrer Faszination ein.

Strangers In The Night

1965 hatte Bert Kaempfert von der amerikanischen Filmgesellschaft Universal Pictures den Auftrag erhalten, die Musik für den Film „A Man Could Get Killed” („Willkommen Mr. B…”) zu schreiben, eine Gaunerkomödie, deren Geschichte in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon spielt und von Diamantenraub, Geheimagenten und Liebesromanzen handelt. Als Hauptdarsteller waren u.a. Melina Mercouri und James Garner verpflichtet worden.

Die vorliegende Produktion aus dem Jahr 1966 enthält u.a. die beiden Hauptthemen aus dem Film: But Not Today, im Film auch während des Main Title zu hören, und eben Strangers In The Night, das Liebesthema, das in der Filmmusik-Partitur noch die Bezeichnung Beddy-Bye trägt. Hört man But Not Today, weiß man, Bert Kaempfert war es gelungen, nicht nur eine schöne Filmmelodie zu schreiben. In seinem Arrangement berücksichtigte er den spanisch-portugiesischen Touch und mischte noch einen „kräftigen Schuss Griechenland” für die unvergessene Melina Mercouri hinzu.

Bert Kaempfert ahnte damals noch nicht, dass er mit der Komposition des Liebesthemas sein Strangers In The Night geschaffen hatte, die Melodie, die innerhalb kürzester Zeit zum internationalen Super-Hit werden sollte und bis heute einer der höchstdekorierten Songs in der Unterhaltungsmusik ist.
Bert Kaempferts Verleger, Hal Fein, spürte das Besondere dieses Songs und bot ihn Frank Sinatra an. Frankieboy nahm ihn kurzentschlossen auf und konnte damit sein großes Comeback feiern. Nur wenige Wochen nach den Veröffentlichungen verdrängten die Versionen von Frank Sinatra und Bert Kaempfert mit seinem Orchester über Monate sowohl die Beatles als auch die Rolling Stones und die Beach Boys von den ersten Plätzen der internationalen Hitparaden.

Allein in Deutschland gab es gleichzeitig vier Vokalfassungen unter dem Titel Fremde in der Nacht, und die GEMA ermittelte diese Komposition als Schlager des Jahres 1967.

Für Strangers In The Night erhielt Bert Kaempfert im Laufe der Jahre viele goldene Schallplatten und andere Auszeichnungen, wie z.B. den „Golden Globe”. Noch 1990 wurde für diesen Evergreen der vierte „BMI-Award” verliehen. Auszugsweise heißt es dazu in einer der Pressemeldungen: „Bert Kaempferts Lieder brechen immer noch Rekorde! Die amerikanische Urheberrechtsgesellschaft BMI registrierte für sein Strangers In The Night vier Millionen Rundfunkaufführungen und errechnete eine ununterbrochene Sendezeit von 22,8 Jahren.”

Aber nicht nur die beiden Filmmelodien sind erwähnenswert: So waren I Can’t Give You Anything But Love, Mexican Shuffle und Tijuana Taxi große Erfolgsnummern, aus Bert Kaempferts Milica wurde vor allem in den USA unter dem Titel Sweet Maria ein Hit, und schließlich wählten die Anita Kerr Singers sein Two Can Live On Love Alone für ihr Album BERT KAEMPFERT TURNS US ON aus.

Love Letters

Dieses Album beginnt mit einer Bert-Kaempfert-Komposition, die zu den absoluten Welthits zählt: Moon Over Naples. Bereits im September 1964 war das Stück für die LP THE MAGIC MUSIC OF FAR AWAY PLACES entstanden.
Schon bald schrieb das bewährte Autorenteam Charles Singleton und Eddie Snyder einen romantischen Text. Und so wurde aus dieser Melodie Spanish Eyes. Die dann folgende Aufnahme des Amerikaners Al Martino, der damit „seinen” Song gefunden hatte, wurde zu einem Millionenerfolg und machte den Sänger weltberühmt. Aus Spanish Eyes wurde schließlich ein Evergreen. Heute liegt der Titel in schätzungsweise über 500 Versionen und den unterschiedlichsten Druckausgaben vor – von der Handharmonika bis zum russischen Balalaikaensemble mit Domra und Bajan.

Die weiteren Titel des Albums LOVE LETTERS wurden erst im Februar 1965 aufgenommen und erschienen in den USA als Nachfolger von THE MAGIC MUSIC OF FAR AWAY PLACES in dem Album THREE O’CLOCK IN THE MORNING mit eben diesem Single-Titel (aus BLUE MIDNIGHT), der zu dieser Zeit in den USA gerade ein Top-Ten-Hit geworden war.

Diese Produktion ist typisch für den Bert-Kaempfert-Sound um die Mitte der sechziger Jahre. Die Solotrompete spielt Manfred Moch. Eine neue Klangfarbe wird eingeführt durch eine mit abgedämpften Saiten gespielte Melodiegitarre, die in dem Kaempfert-Original The Moon Is Making Eyes und dem alten Lotar-Olias-Schlager Du, Du, Du – unter seinem amerikanischen Titel You, You, You in den fünfziger Jahren eine Erfolgsnummer für die Ames Brothers – zum Tragen kommt.

Drei der Fremdkompositionen entstammen der Welt des Theaters: Let A Smile Be Your Umbrella ist ein Vaudeville-Song aus dem Jahr 1928, A Nightingale Sang In Berkeley Square wurde 1940 in der Londoner Theaterproduktion „New Faces” vorgestellt und war u. a. auch für Glenn Miller und seinen Sänger Ray Eberle ein Erfolg, und Rose Of Washington Square erklang 1919 in „Ziegfeld’s Midnight Frolic”, wo es von der berühmten Sängerin und Schauspielerin Fanny Brice gesungen wurde.

The White Cliffs Of Dover, die Schlussnummer des Originalalbums, ist ein Optimismus verbreitender Song aus den Jahren des Zweiten Weltkriegs, der dem notleidenden England gewidmet ist, und war seinerzeit ein weiterer Erfolgstitel für Glenn Miller und Ray Eberle.

Natürlich muss eine CD, die LOVE LETTERS heißt, diesen Titel auch enthalten, der, 1963 produziert, dem Album DREAMING IN WONDERLAND entnommen wurde.

Let’s Go Bowling

Das Album LET’S GO BOWLING erschien bei Polydor als Vinyl im Jahre 1964. Es ist eine Kopplung mit den frühen Aufnahmen von Bert Kaempfert, die zwischen 1959 und 1964 eingespielt wurden. Vier Tracks sind bisher in Deutschland noch nie auf CD erschienen.

That Latin Feeling

Es gibt wohl kaum einen Musiker, der sich dem zeitlosen Reiz lateinamerikanischer Melodien und Rhythmen entziehen könnte, und Bert Kaempfert war keine Ausnahme. Schon 1958 hatte er mit einigen Kompositionen und Bearbeitungen sein „Latin Feeling” unter Beweis gestellt. 1964 widmete er dann eine komplette LP-Produktion den lateinamerikanischen Tempi.

Neben einigen stilechten Kaempfert-Originalen finden sich „All-Time Standards” wie das 1953 durch den Film „Die Gesetzlosen” berühmt gewordene O Cangaceiro; Maria Elena, 1963 ein Riesenhit für das Gitarrenduo Los Indios Tabajaras; das schwerblütige Liebeslied Bésame Mucho oder Sweet And Gentle, Poinciana und nicht zuletzt The Breeze And I; bei den Rhythmen fehlt natürlich neben dem Cha-Cha, Rumba-Bolero oder Merengue auch nicht der aus Brasilien stammende Bossa Nova, der seinerzeit in den USA eine wahre Manie entfachte und hier in den Titeln Say Sí Sí und Bert’s Bossa Nova zu hören ist.

Bei THAT LATIN FEELING teilte sich Bert Kaempfert die Arrangierarbeit mit Helmut Brüsewitz; die Aufnahmen fanden im Polydor-Studio Hamburg-Rahlstedt statt.
Die übliche Bläser-Streicher-Besetzung des Kaempfert-Orchesters wurde, der lateinamerikanischen Thematik entsprechend, durch ein reichhaltiges Instrumentarium exotischer Schlaginstrumente – Bongos, Cabasa, Congas, Cowbell, Güiro (Rumbagurke), Maracas, Sandpapierblöcke, Timbales, Triangel, Marimbaphon, Xylophon – verstärkt, die von Bert Kaempferts Schlagzeuger Rolf Ahrens sowie Hans Bekker, Günther Platzek, Max Raths und Manfred Sperling bedient wurden.

Ladi Geisler war nicht nur für die knackige Baßgitarre zuständig, sondern spielte auch die Sologitarre bei Maria Elena, The Breeze And I und Bésame Mucho; die Trompetensoli übernahmen Werner Gutterer (Poinciana), Heinz Habermann / Werner Gutterer (Trumpet Fiesta) und Manfred Moch (Bert’s Bossa Nova); Emil Wursters Tenorsaxophon ist zu hören bei Bert’s Bossa Nova und Say Sí Sí (hier gemeinsam mit Karl-Hermann Lühr, Flöte), und Willi Surmann gibt mit seiner Baßklarinette dem „Gegacker” von Chicken Talk das gewisse Etwas.